Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
Johannes 6,37b – 3. Sonntag nach Trinitatis
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
Ein schönes, warmes Bibelwort. Ein klares, einfaches Versprechen. Gerade jetzt im Sommer tut es mir gut, das zu hören: Vor der Tür zu Gott steht niemand und kontrolliert meine Performance. Da geht es anders zu als vor dem Club, wo der Türsteher nach Gutdünken entscheidet, wer reinkommen darf und wer nicht. Es tut mir auch deshalb gut, dass Gott keine Einlassbedingungen aufstellt, weil ich weiß, dass viele darum ringen, einen Zugang zu Gott zu finden.
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
Wer genauer hinhorcht, könnte dieses Jesuswort auch so hören, dass sein schönes Versprechen fragwürdig erscheint. Der erste Teil des Satzes Wer zu mir kommt sagt ja ziemlich klar: ich muss erst einmal den Weg zu ihm gefunden, es dahin geschafft haben. Den erst en Schritt muss ich machen. So scheint es jedenfalls. Du musst schon vertrauen, dich ernsthaft bemühen, sonst erfährst du Gottes Liebe und Zuneigung nicht. Über Jahrhunderte haben solche Mahn- und Moralpredigten Übles angerichtet. Bei manchen wirkt das bis heute nach. Für nicht wenige Menschen ist das eine bitter erfahrene Wirklichkeit:
Denn die einen sind im Dunkeln.
Und die anderen sind im Licht.
Und man siehet die im Lichte.
Die im Dunkeln sieht man nicht.
So beschreibt Berthold Brecht in der Dreigroschenoper die soziale Ungerechtigkeit. Ersehnte, lange gesuchte Türen bleiben verschlossen. Ich komme nicht da rein, wo die anderen sind. Das kann genauso eine religiöse Erfahrung sein. Ich komme nicht ins Licht. Ich bleibe buchstäblich „draußen vor der Tür“ (Wolfgang Borchert).
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
Geben uns diese Worte also doch nicht nur eine schöne Einladung, sondern durch die Hintertür auch das mit: Gott wird nur den nicht abweisen, der zu ihm gekommen ist, der wirklich etwas von ihm will? Gilt bei Gott tatsächlich die schöne Devise: Offene Arme, offene Türen? Oder ist die Angst berechtigt, dass die Tür bei Gott auch verrammelt bleiben kann? Das dann auch alles Rütteln an der Klinke, alles Bitten und Rufen nichts nützt?
Nein, Gott stellt keine Bedingungen! Er heißt mich vorbehaltlos willkommen: auch mit meinen Schattenseiten und Peinlichkeiten, auch mit den Abgründen meines Lebens. Ich muss nicht glatt und perfekt sein. Wie ich bin, so bin ich Gott recht und angesehen und geliebt! Vom Beginn des Lebens an. Das feiern wir in jeder Taufe. Auch heute. Der kleine Louie kann ja noch nichts vorweisen. Und er muss das auch nicht. Niemand muss das. In den Zeichen von Licht und Wasser und unter dem Wort der Heiligen Schrift machen wir sichtbar und erfahrbar, was immer schon Wirklichkeit ist: Gott ist immer schon da in meinem Leben.
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
Zu Gott kommen, mich zu ihm in Bewegung setzen, das kann ich überhaupt nur, weil er sich längst zu mir aufgemacht hat. Weil er mir entgegenkommt mit offenen Armen. Diese Erfahrung wüsche ich uns in diesem Gottesdienst. Und einen ganzen Sommer lang. Amen.